Neu im Bücherregal
Voicing Plurality in an Open World
Herausgeberinnen: Oana Hergenröther, Angelika Heiling, Agnes Grond, Daniela Unger-Ullmann
Erscheinungsjahr: 2024
Verlag: Reichert
Inhalt:
In einer Welt, die von Mobilität und dynamischen Bildungen kultureller, sprachlicher und sozialer Identitäten geprägt ist, spiegelt das allgemeine Verständnis von Sprachen – zumindest in Europa – noch immer Hierarchien und Klassifizierungen wider, die auf der nationalstaatlichen Ideologie des 19. Jahrhunderts basieren. Dieses Buch befasst sich mit relevanten Aspekten der Sprache im Gegensatz zum zeitgenössischen Ideal offener, pluralistischer Gesellschaften sowie mit den Auswirkungen immer komplexerer und vielfältigerer Machtverhältnisse, Migration, Globalisierung und moderner Phänomene wie ICT auf die Sprache.
Ideologies and identity performance in users’ discourses about Romani-based special languages (‘Sondersprachen’)
Autor:innen: Yaron Matras, Chiara Tribulato, Jakob Anton Paul Wiedner
Erscheinungsjahr: 2024
Zeitschrift: Journal of Multilingual and Multicultural Development, Online-First-Artikel, S. 1–12
Verlag: Taylor & Francis
Inhalt:
Der Artikel diskutiert die Herausbildung von Sprachideologien zu gruppenspezifischem Vokabular, wie es von peripatetischen Bevölkerungsguppen verwendet wird, basierend auf Berichten von den Sprecher:innen selbst. Wir identifizieren drei wiederkehrende Themen: den Diskurs des Verlusts, der eine Sprachgeschichte erklärt, die durch Mangel und Abweichung geprägt ist und mit einem Gefühl der Unvollständigkeit der eigenen Identität verwoben ist; gruppeninterne Auseinandersetzungen mit der eigenen Identität, die auf externen Bezugspunkten basieren, um Grenzen zu anderen zu setzen; und Erklärungen zur Sprachfunktion, die Kontexte des Gebrauchs rekonstruieren. Unsere Fallstudien beinhalten Darstellungen zum Gebrauch von speziellem Vokabular, das zum Teil oder hauptsächlich aus dem Romani stammt, und zwar von englischen und norwegischen Fahrenden sowie den reisenden Schausteller:innen Norditaliens. Wir betrachten diese auf Romani basierenden 'Sondersprachen' als Akte der Identitätsdarstellung und überprüfen die Hypothese, dass sie durch die Konvergenz zwischen Romani-Sprecher:innen und einheimischen wandernden Populationen entstanden sind.
Gender reduction in contact: The case of Romani in nineteenth-century Hungary
Autor:innen:
Erscheinungsjahr: 2023
Zeitschrift: Diachronica, Online-First-Artikel, S. 1–31
Verlag: John Benjamins
Inhalt:
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Reduktion von Zuweisung und Kongruenz des grammatischen Geschlechts in einer Romanivarietät im 19. Jahrhundert, die in Kontakt mit dem geschlechtslosen Ungarischen gestanden ist. Diese Reduktion hat im Laufe zweier Generationen stattgefunden. Durch den Vergleich der damaligen geographischen und soziolinguistischen Situation mit heutigen Romanivarietäten, die die ererbte zweifache Geschlechtsdistinktion (maskulin, feminin) beibehalten haben, sowie mit einigen Varietäten, die dieselbe Reduktion aufweisen, zeigen wir, dass diese Veränderung in der Typologie des Romani durch seine Minderheitensituation sowie seine Nähe zu einer Sprache ohne grammatisches Geschlecht verursacht worden sein kann. Die Tatsache, dass rurale Varietäten diese Erosion der Geschlechtsdistinktion nicht aufweisen, weist jedoch darauf hin, dass diese Erklärung nicht ausreichend ist. Es scheint daher auch der urbane Kontext eine Rolle zu spielen. Dieser soziolinguistische Faktor könnte auch in anderen Fallstudien zum Verlust von grammatischem Geschlecht betrachtet werden.
The origin of the self-appellation Sinti: A historical and linguistic examination
Autorin: Daphne Reitinger
Erscheinungsjahr: 2023
Zeitschrift: Romani Studies 33 (2), S. 157–187
Verlag: Liverpool University Press
Inhalt:
Die Herkunft der Selbstbezeichnung Sinti beschäftigt die Forschung bereits seit über 200 Jahren. In der Fachwelt des ausgehenden achtzehnten Jahrhunderts kann die Abstammung des Romani und dessen Zugehörigkeit zum indoarischen Sprachzweig als zunehmend gefestigtes Wissen angesehen werden. Aus dieser Zeit stammt eine der frühesten Interpretationen des Begriffs Sinti, die im Rahmen dieser - damals noch immer ‚frischen‘ - Erkenntnis betrachtet werden muss. In einem der ältesten Belege der Selbstbezeichnung („Sinte“, Biester 1793) führt der Autor an Sinte sei der eigentliche Name „dieses Volk[s]“ und sei wohl auf dessen Ursprung in der Region Sindh am indischen Subkontinent zurückzuführen (Biester 1793: 365-366). Zeitgenössische Fachpublikationen weisen dem Begriff Sinti europäischen Lehnwortstatus zu. Matras (1999, 2019) legt diesen Status anhand der Flexionsmuster der Bezeichnung dar, die die typischen Charakteristika europäischer Lehnwörter im Romani aufweisen. In diesem Aufsatz werden die frühen Belege der Selbstbezeichnung hinsichtlich ihrer dialektologischen Implikationen untersucht und eine zugrundeliegende Wurzel sint ermittelt. Anhand der Bedeutungen „Weg, Fahrt, Reise“ des mittelhochdeutschen Etymons sint und des deutschen Kollektiv-/Apellativsuffixes -e wird der Begriff Sinti als “jene, die reisen” oder “Fahrende” interpretiert.